Ja, mich betreffend - "so alles in allem" ...

Ist's eine multikulturelle Lebensgeschichte:

Die sei hier jetzt "so offenherzig anschaulich machend zur Sprache gebracht". -
Nun denn: 
In den "leiblichen Bezug auf mein Hiersein", da soll dann erst einmal von meiner bewundernswerten Mutter "die Rede sein", der im französischen Örtchen Pontoise, im Oktober des Jahres 1916 geborenen Monique ..
Schon im Alter von sechseinhalb Jahren beharrte sie trotzköpfig darauf, die oftmals schmerzhaften Folgen eines Ballettunterrichts auf sich zu nehmen. - 
Im sechzehnten Lebensjahr begann dann die tänzerische Ausbildung in der hauseigenen Ballettschule der Opéra de Paris in Nanterre, dieser als Ecole de Danse d l'Oprera dereinst berühmt gewordenen Bildungsstätte. - 
Bald darauf, noch zu Zeiten des Choreografen Serge Lifar, war sie bereits eine "Mitverschworene im Ensemble der Opéra de Paris".  
So viel verdeutlichend zuvor ...
Jahre später: 
Sie hatte inzwischen ihr zwanzigstes Lebensjahr impulsiv anstürmen lassen -, da lernte sie dann, bei einer Freilicht-Tanztheateraufführung im sich sommerlich darbietenden Athen, den griechischen Maler Konstantin Vaselis kennen, den derzeitigen Gestalter des Bühnenbildes. 
„Mon dieu, eine männliche Lichtgestalt!“ soll sie begeistert gerufen haben. - Offenbar unsterblich verliebt, ist sie fortan in Athen geblieben. Wo sie schon bald darauf, in einer alten, mühsam für ihre Belange umgebauten Fabrikhalle, junge Tänzerinnen und Tänzer fachgerecht auszubilden suchte. -
Der Konstantin:
Er war als Maler anscheinend nicht sehr erfolgreich. Um nun ein einigermaßen ziviles Auskommen gestalten zu können, gab Monique an vielen Nachmittagen auch noch Klavierunterricht - und vermittelte in handfesten, lebensnah strukturierten Crashkursen das in all den gutbürgerlichen Kreisen so liebend gern gesehene "Gute Benehmen". Was immer das letztendlich verheißungsvoll bewirken kann? - Daran teilnehmen zu dürfen, das war mir jedoch leider nicht mehr vergönnt ... 
„Warum nicht?“ könnte man jetzt neugierig gegebenenfalls fragen. 
Die Antwort darauf, sie wird sich demnächst offenbaren. - 
Monique und der Lebensgefährte ...
Konstantin - von seinen Freunden und einigen Bekannten als verträumt und mehr introvertiert charakterisiert - er wurde dereinst (1914) auf der griechischen Insel Lesbos geboren. 
Ja, und nachweislich war es im Herbst 1936, als Monique (meine Mutter) und der Geliebte am Strand des Insel-Örtchens Plomari verweilten - und sie ihm verhalten anvertraute, daß sie bereits seit einigen Wochen schwanger sei. -
All das habe ich neunzehn Jahre später durch ihre beste Freundin in Paris in Erfahrung gebracht. Und außerdem noch, daß er, der Konstantin meine Mutter damals noch hoffnungsvoll zu bewegen gesucht habe, sie solle doch bitte unbedingt einen Knaben zur Welt bringen!
„Mein Liebster, es wird ganz gewiß ein Jüngling!“ soll sie ihm damals tränenverschleiert zugeflüstert haben; gleichzeitig eine alte Holzkiste betrachtend, die von den Meereswogen soeben an den Strand geschwemmt worden war. - ARSINOE, das stand in beachtlichen, schwarz gedruckten Buchstaben auf diesem hölzernen Kasten zu lesen ...
„Oui, merveilleux! So sollst du nun zukünftig auch zeitlebens gerufen werden, mein kommender Sonnenschein“, habe sie immer wieder - zutiefst ergriffen - gemurmelt, gab mir die Freundin meiner maman eingehend zu verstehen, als ich in Paris etwas ausfindig zu machen suchte. Und so ist’s ihrem Erinnerungsvermögen zu verdanken, daß ich über diese einstige Beglücktheit und auch noch darüber hinaus jetzt dermaßen gut im Bilde bin, um im folgenden eine nachvollziehbare Veranschaulichung zutage treten zu lassen:
Obwohl sie derzeit guter Hoffnung war, trotz all dieser körperlichen Belastungen, sei Monique jedoch weiterhin bühnenaktiv gewesen. Denn die tänzerische Kunstfertigkeit seiner Primaballerina sei zwingend notwendig, hatte der Regisseur Costas Tragopolis eindringlich verlauten lassen, als er die Choreographie für die Gestaltung der Oper Zar und Zimmermann in die Wege zu leiten begann. Bis es jedoch zur Aufführung kam, wurde zuvor wochenlang exerziert. -
Und das nicht ohne Spätfolgen ...
Denn auch jetzt bin ich noch immer unbeirrbar überzeugt davon, daß diese damals tänzerisch zur Schau gestellte Dynamik, in die ich - embryonal im Mutterleib unvorbereitet mitschwingend - zwangsläufig eingebunden war, späterhin so viel bewirkt haben muß, daß ich zeitlebens von einer Art unruhigem Geist vielfach herausgefordert wurde. -
Oui, als ich fünf Jahre alt geworden war, da passierte dann diese verhängnisvolle, fassungslos machende Tragödie: Bei einem anfangs noch formvollendet begonnenen, dann jedoch wohl zu schwungvoll zur Schau gestellten Pas de deux, verlor Monique die Balance, löste sich von ihrem Partner - und stürzte kopfüber in den Orchestergraben! Und dort direkt auf den stählernen Rand der großen Kesselpauke.
„Ein Schlußakt von leidvollem, schwermütig stimmenden Angedenken“, hat es die Freundin meiner Mutter noch damals bekundet, als wir uns in Paris schmerzbewegt in den Armen lagen. -
Ja, und noch etwas läßt sich beeinträchtigend anmerken:
Denn da ist sie noch immer, diese anfallweise auftauchende, unheilvolle Imagination. Und wirklichkeitsnah steht sie vor Augen und Ohren! Bullernd und beängstigend donnernd schreckt’s mich dann auf, dieses dumpf tönende Erinnerungstrommeln ...
Zugleich steht er gedanklich vor mir: Stavros Gatopoulos, der einstmals so meisterhaft kesselpaukende Musiker. - Noch immer im nicht selten schmutzwolkenverhangenen Moloch Athen heimisch, hat er - trotz allem - inzwischen bereits das achtundneunzigste Lebensjahr erreicht. - Und seit dieser tragischen Begebenheit, dem so schwermütig stimmenden Todesfall auf seiner geliebten Kesselpauke, offenbart sich da mich betreffend ein Schuldbewußtsein und eine Art Wiedergutmachungswille. Denn seit einigen Jahrzehnten bekomme ich als Geburtstagsgeschenk ein Päckchen von ihm, stets warmherzig angereichert mit der obligaten Flasche Ouzo, zwei Plastikbeutelchen mit schwarzblauen Oliven - und natürlich den besten Wünschen für ein neu zu entdeckend auf mich zukommendes Lebensjahr ... 
Sich inzwischen schon unzähligemal bizarr inszenierend am 22. Juni. - 
Ein Tag, an dem ich lethargisch, nur noch nach innen gerichtet, unter dem einstmals von Konstantin mit Ölfarben gemalten Porträt der Mutter Monique sitze ...
In dieser, zuweilen so lebensnah vor Augen geführten Rückschau bleibt mir dann gar nichts erspart.
So auch die einstmals von Stavros Gatopoulos ungern geschilderte Enthüllung, daß der trauernde Konstantin damals monatelang sehr trübsinnig in der Athener Altstadt umhergeschlichen sei - und dort, in den Außenbereichen der Tavernen, die von den damaligen Touristen in ihren Wein- und Biergläsern oftmals stehengelassenen Restflüssigkeiten geleert habe. -
In einem Sommermonat des Jahres danach, kam er, der Konstantin, dort dann rein zufällig mit einem aus Deutschland angereisten, jüngeren Ehepaar in einen engeren Kontakt. Folgenreich in die Wege geleitet wurde diese Fühlungnahme offenbar dadurch - so hat es mir seinerzeit Stavros erzählt -, daß der beständig mit mißlichen Geldverlegenheiten umherirrende Maler, bewaffnet mit einem Zeichenblock und Stiften, in der Athener Altstadt hoffnungsvoll auf der Suche nach Portrait-willigen Urlaubern gewesen sein soll ... 
Und dort sei er eines Tages dann Zeuge dessen geworden, daß die bereits erwähnten Eheleute im Außenbereich einer Taverne baß erstaunt eine maßlos überteuerte Kostenaufstellung für zuvor genossene Speisen und Getränke in Händen gehalten hatten. - Da er mit dem Inhaber des Lokals befreundet gewesen sei, habe er dankenswert für eine Beilegung dieser Bedrängnis gesorgt. 
Bald darauf sei man - mit Hilfe des ausreichend die deutsche Sprache beherrschenden Wirtes -, geschwätzig bei áspro kraßi und manitárja beisammen gesessen. Und im Laufe der abendfüllenden Plauderei habe sich auch offenbart, daß die eheliche Vereinigung der beiden Touristen bisher leider ohne erwünschte Nachkommenschaft zu gewärtigen sei - und man jetzt auch noch in Griechenland auf der Suche nach einem so einigermaßen zumutbaren Knaben auf Reisen gegangen wäre ... 
Auch wurde dort überschwenglich betont, daß wenn ihre Suche erfolgreich gelingen könne, dem Knaben ja später in Deutschland einmal ein seit Jahren mühevoll aufgebauter Industriebetrieb als eine zum Wohlsein gereichende Hinterlassenschaft zur Verfügung stehen würde. -
Kurz und ergreifend: Für angeblich 50000.- Drachmen, einst waren das 350.- Mark, wurde ich dem hellenistischen Ursprung entrissen - und wechselte Hals über Kopf die Nationalität. - 
Eine Adoption (lt. adoptare: hinzuzählen), gliederte mich seither (auch namentlich, als Dieter Schäfer) ein in die jetzige Volkszugehörigkeit; verblüfft, auf derzeit noch kindlichen Beinen dastehend. -
Voilà! L`écrivain - un FraGriDe ...
Dieser - dem "Einkauf des Knaben" - einstmals zweifellos anhaftenden Vorherbestimmtheit, späterhin dann einmal das Unternehmen aufrechtzuerhalten, bin ich jedoch nicht nachgekommen. Mit vielerlei Ausflüchten in bezug auf die Weigerung wurde es erfreulicherweise möglich, dann doch noch den eigenen Wünschen und Vorstellungen zielstrebig nachzugehen ...
Schreibend und zeichnend begeistert hinein, in diese ach so schöpferische Welt der bildenden Künste. - Das nun schon seit immerhin vielen Jahrzehnten; einhergehend mit der etwas eigenwillig zu wertenden Betonung, meine Arbeiten hin und wieder auch mit dem Taufnamen Arsinoe zu kennzeichnen.
Eigentlich rechtens und vermutlich auch nachvollziehbar, diese namentliche Paraphierung des Urhebers, so sollte man’s selbstgewiß meinen - (vergleichbar dem "incidit" - hat es geschaffen).
Tja, und jahrzehntelang hatte das ja diesbezüglich immerhin auch keinerlei Spätfolgen heraufbeschwören können ...
Bis zum 15. Mai 2002, als ich in Frankfurt verweilte - und in einer Bücherstube rein zufällig meinem von der schönen Literatur bereits seit Jahrzehnten besessenen Patenonkel Marcel begegnete:
„Grauenhaft - zudem ist’s auch noch feminin signifikant!“ fuhr er mich sofort, dem Anschein nach mißgelaunt, ohne Umarmung etc. an.
„Sei mir trotz allem gegrüßt!“ versuchte ich's doch zu begütigen. „Was willst Du jetzt damit deutlich machen?“ horchte ich - etwas beunruhigt - erwartungsvoll auf.
„Ha! Na, was wohl? Dich eindringlich darauf aufmerksam machen, daß diese anscheinend unüberlegt mit Arsinoe signierten Arbeiten bald einen Schadenfreude auslösenden Mißgriff ausdrucksvoll aufblitzen lassen, Du Simpel!“ brach es abwertend aus ihm heraus.
„Ach, Onkelchen! Wie Du’s ja eigentlich zutreffend wissen müßtest,“ begehrte ich sofort selbstsicher auf, „bin ich dereinst von der Mutter Monique wohl schwärmerisch so benannt worden!“
„Papperlapapp!“ herrschte er mich aufgebracht an. „Arglos und treuherzig, hat sie da ahnungslos und wohl auch eigennützig etwas unwissend in Gang gesetzt, das - noch dazu beurkundet! - als Namensgebung für Dich eines unguten Tages so einiges an schlüpfrigen Anspielungen lostreten könnte!“ fügte er Anstoß nehmend - und dabei süffisant grinsend hinzu.
„Schlüpfrige Anspielungen?“ schaute ich beinahe erschrocken auf.
„Jaha!“ bekräftigte er’s mahnend. „Denn unglücklicherweise wurden vor einigen hundert Jahren nacheinander drei ägyptische Königinnen so benannt! - Na, und wie personifiziert man sich dann, vor solch einem halbseidenen Hintergrund?“
Zum Teufel mit ihm, dachte ich grantig, er kann es partout nicht lassen! - Ich mußte mir fix eine Zuflucht suchen:
„Mein lieber zumeist ja dichtkunstverschworen, jedoch oftmals auch desillusionierend aufmarschierender Oheim!“ wollte ich ihm verstimmt endlich einmal ausdrucksstark aufbegehrend zu Leibe rücken ...
Wurde jedoch sofort gebieterisch unterbrochen:
„He, jetzt reiß Dich gefälligst zusammen, ja! Wir wollen doch hier und jetzt, in dieser lauschigen Bücherstube - auch wenn es nun offenbar schwerfällt -, selbstverständlich die Haltung bewahren! Meinst Du das nicht?“ forschte er anmahnend nach.
Nein! - Ich mußte mich endlich einmal dahingehend ermannen, ein wenig standhaft zu bleiben: „Verehrter Patenonkel, was Du mir da mäkelnd und rücksichtslos schulmeisternd anlasten willst, das ergab sich per Zufall - und unkundig ob eines Ursprungs, dereinst spontan im Juni 1937.“ 
„Tja, ein wenig Belesenheit würde wohlunterrichtet so viel bewirkt haben, daß dieser namentliche Mißgriff sich gar nicht erst zu einer lebenslang sichtbar werdenden Belastung hätte verdeutlichen können!“ klagte er’s hochfahrend an.
„Mein Gott! Wie wortklauberisch und auch übergescheit!“ brummte ich abweisend, den alten Silbenstecher dabei unfreundlich aufs Korn nehmend. „Ein kleinkrämerisches Herumsuchen in prähistorischen Begebenheiten ist’s wohl, lieber Onkel! - Denn ein sich ausschließlich der schönen Malerei widmender Konstantin, er wußte ...“
„Ein Maler?“ forschte er grinsend nach.
„Richtig, mein Vater war ...“
„Maler! Das sagtest Du schon. - Ja, wo man malt, da laß dich niemals nieder, denn diese Burschen gehen dir dann allzuoft ans Mieder! - Haha“, brach es ganz überraschend so abfällig aus ihm heraus.
Leicht irritiert, schaute ich krittelig zu ihm rüber: „Hm? Das war ja wohl nicht unbedingt geistreich vom Stapel gelassen! Ich hatte Dich bisher feinsinniger und auch mehr schöngeistig geprägt in Erinnerung!“ 
„Ridendo dicere verum! Nur so war das jetzt humorvoll beschwingt gemeint, mein Lieber!“ winkte er selbstgefällig aufschauend ab.
„Also: Scherzend die Wahrheit sagen“, horchte ich auf. „Wohl auch der Wahrheit entsprechend ist’s, daß seinerzeit mutmaßlich weder der Vater Konstantin, noch meine Mutter Monique davon ausreichend in Kenntnis gesetzt waren, daß anno dazumal bereits drei herrschsüchtige Weiber, Arsinoe geheißen, urgeschichtlich, so königlich dummdreist im alten Ägypten herumlungerten! - Kannst Du das gütigst beherzigen? - Wenn nicht, dann bin ich die längste Zeit Dein Patenkind gewesen, mein lieber Oheim!“ begehrte ich couragiert, damals recht ungestüm auf. 
Nachtrag am 19. September 2013:
De mortuis nil nisi bene ... Denn Du warst mir - trotz allem - ein Leitstern.
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Ergänzend sei nun doch noch hinzugefügt ...
Da war einst der Schriftsteller und Weltbürger Lawrence Durrell - .
ein "mit vielem vertrauter" Griechenland-Reisender ...
Auch wenn das jetzt ein wenig als anmaßend aufhorchen läßt:
Schon vor vielen Jahren war´s mir wohl doch allgewaltig bewußt:
Mein bejahendes Dasein in einer Art Geistesverwandtschaft. -
Damals, ein Tag in Sommières, Süd-Frankreich, der bleibt als "unvergessen" in meiner Erinnerung: 
Zudem auch "das", als Lawrence mir schmunzelnd diese Geschichte von dem spürbar "gekränkten Ohrwurm" erzählte. -
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                                                                         ***


1 Kommentar:

  1. Na, es hat sich gelohnt, in deinen Blog geschaut zu haben, Dieter! Nun habe ich sogar hoch interessante Dinge über deine Lebensgeschichte erfahren, die mir bisher völlig unbekannt waren - was habe ich da versäumt! Demnächst werde ich noch öfter in deinem gelungenen Blog stöbern. Es grüßt dich deine - ja, was eigentlich... Ex-Schwippschwägerin...?

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