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Mittwoch, 28. September 2022

PABLO PICASSO - einst spürbar verstimmt:

Der weltbekannte Maler, momentan als recht übellaunig zugegen. -
Derzeit in Mougins, der nahe Cannes gelegenen französischen Kleinstadt in der Provence. -
Und dort lernte der Maler sie 1953 kennen, diese Porzellanverkäuferin Jacqueline Roque
Eine Cousine von Mme. Ramié - der Töpferin im Ort Vallauris. -
1958 hat der Künstler sie geheiratet, die um etliche Jahre jüngere Jacqueline. -
So viel vorab - und nun zum Anlass der derzeitigen Verstimmung:
Schon in all seinen Pariser Ateliers hatte Monsieur Picasso einst konsequent eingefordert, daß niemand hereinplatzen dürfe, wenn er zur Zeit wieder einmal in eine schöpferisch aufwallende Impulsivität eingetaucht sei ...
Vermutlich hatte Jacqueline das jedoch nicht als zwingend für wahr genommen, als sie dann einige Tage später in die benachbarte Ortschaft Mougins übersiedelte - und sich dort, im Picasso-Palais Notre Dame de Vie, nun unverzüglich "einzunisten gedachte", die hoffnungsvolle Jacqueline. -
Oui, und bald darauf ergab sich dann auch das folgende Desaster:
         In seinem Atelier stand schwankend,
         farbfreudig auch den Musen dankend,
         Picasso an der Staffelei; von all den Ismen völlig frei.
         Mit Farben und mit Formen spielend,
         nicht 'mal nach anderen Malern schielend ...
         Schon krallt er eine Tube Ocker
         steigt damit flugs auf einen Hocker;
         quetscht auf die Leinwand breite Striemen,
         reißt sich sehr malerisch am Riemen.
         Greift fingertief ins Preußischblau
         die Hose sieht schon aus wie Sau.
         Mon dieu! Durch zuviel Kadmium
         dreht sich gequält sein Magen um.
         Gottlob, kraft leicht getöntem Flieder
         erholt sich dann der Meister wieder.
         Doch ungelenk tüncht gleich Zinnober
         das Bild im ganzen deutlich grober.
         Jedoch dank reichlich Sepia
         st schnell der Zauber wieder da.
         Noch intensiv Parisergrün
         voll Inbrunst auf die Leinwand zieh'n.
         Partiell natürlich auch Bordeaux
         das stimmt die Galeristen froh.
         Gekonnt, mit reichlich Kaltgrauhell
         beendet er das Mal-Duell.
         Kratzt dann Farbe wieder runter - 
         das neue Hemd ward rundum bunter.
         Hustet aus verqualmten Lungen, 
         fühlt sich dennoch ungezwungen.
         Bis Jacqueline ins Studio schlurfte, 
         obwohl sie ihn nicht stören durfte!
         So können unfolgsame Frauen, 
         partout ein Meisterwerk versauen ... -
         -
Oui, ein wenig entfernt, zweifellos aber noch immer in einem malerisch-orientierten Zusammenhang wahrnehmbar, kann man wohl auch der folgenden Begebenheit Beachtung schenken:
Im französischen Örtchen Giverny, besuchte einst Paul Cezanne seinen dort im Garten malenden Kollegen Claude Monet. - 
Ein zufällig in der Nähe verweilender Spaziergänger, er notierte im Juni 1902 den ihm dort zu Ohren gekommenen Dialog:
Cezanne, bemäkelnd zu Monet: "Dein Rosenfeld sieht aus wie Klee!"
Monet, verärgert zu Cezanne: "Ein jeder schaut so gut er kann!" -
"Ich habe keine Angst vor der Perfektion, sie ist zumeist unerreichbar", so hat es damals der Maler Salvador Dali schmunzelnd zum Ausdruck gegeben. -
                                                                              -
                                                                            ***

Donnerstag, 15. September 2022

PHILOSOPHIE - mit fragwürdigem Resultat:

Das war geschehen - seinerzeit, bei Jean-Jacques Rousseau - in einer alltäglichen "Wirklichkeitsnähe" ... 
"Mon dieu, er ist ja fast schon ein Heiliger, beinahe ein Erdrutsch!" riefen derzeit oftmals einige der Fürsprecher so rundum begeistert aus. -
Während die sogenannten "Anti-Rousseauisten" den Philosophen des öfteren ja leidenschaftlich gern als einen "haltlosen Psychopathen" kritisiert haben, "der allzugern zu Gefühlsduselei neigt". -
Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain hat einmal gesagt: "Es gäbe ja über manche Leute so viel Gutes zu berichten - aber das andere sei stets viel interessanter!" -
Ja, und diesbezüglich ist nachfolgend auch dieses Geschehen so freimütig "zum besten gegeben":
Die einstmals von Rousseau schwärmerisch manifestierte Idealvorstellung, daß der Mensch von Natur aus gut - und wohl erst durch das Leben im Kulturmilieu der Gesellschaft zu einem gegebenenfalls nun doch als böse zu charakterisierenden Homo sapiens geworden sei, sie wurde dereinst, an einem sonnendurchflutet aufscheinenden Tag im Monat April des Jahres 1745, so hinterhältig in eine "tiefgreifend belehrende Beunruhigung" genötigt, als Monsieur das folgende Malheur, nun verunsichert dastehend, so urplötzlich erdulden mußte:
       Da hatte er - Jean-Jacques Rousseau,
       früh morgens in der Rue Chateau, dort seine Schuhe abgeholt,
       die ein Schuster neu besohlt ...
       Auch die abgelatschten Hacken, zeigten nunmehr keine Macken.
       Daheim dann rief er - tief bewegt, (die Überzeugung ist belegt!)
       spontan, mit neu erwachtem Mut:
       "Der Mensch ist von Natur aus gut!"
       Jedoch:
       Als er am Abend, gegen achte, sich wieder auf die Socken machte,
       um Frau Thérèse * zu besuchen,
       die heut mit einem Marmorkuchen ihn lustbetont bezirzen wollte,
       geschah es, daß er wütend grollte.
       Denn von beiden Schuhen die Sohlen, die waren plötzlich - 
       ganz verstohlen - von den "Tretern abgefetzt"!
       Rousseau, nun spürbar arg vergrätzt, 
       wünscht diesen Schuster gleich "zum Teufel",
       auch zog er bald darauf in Zweifel, 
       "ob ALLE von Natur aus gut?
       Zukünftig war er "auf der Hut" ...
Der damals "in Zweifel-Stimmung geratene" frz.-schweizer. Literat und Philosoph, er wurde am 28.6.1712 in Genf geboren; am 2.7.1787 hat er in Ermenonville das Zeitliche segnen müssen. -
Im Frühjahr des Jahres 1745, lernte Monsieur einst in Südfrankreich Madame *Thérèse Levasseur kennen. 23 Jahre später, am 30. August 1768, hat er die Dame in der kleinen Ortschaft Bourgoin, "pflichtschuldig geworden", wie Monsieur es damals benannt hat, als seine Ehegemahlin dann doch noch "gebilligt". - "Eine Lebensgefährtin, von der wohl kaum ein Verständnis für den geistigen Ehrgeiz und die intellektuellen Bemühungen des Jean-Jacques vorauszusetzen sei", lästerten dereinst Freunde und Bekannte in seinem geistigen Umfeld ...
In Frankreich sagt man "abwinkend" dazu:
"Il faut de tout pour faire un monde", die Welt besteht aus Allem und Jedem). -
                                                                -
                                                              ***
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Donnerstag, 18. August 2022

Es war ein stets redseliges Beisammensein:

Geistreich und wortgewandt - damals - in PARIS ...
In den Abendstunden  - bei Gertrude Stein und Madame Alice B. Toklas, in der rue de fleurus. - 
Und dort war dann dereinst auch das folgende Bonmot so recht "verblümt" zur Sprache gebracht worden:
"Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“, das rief Gertrude abschließend hinein, in die im Bannkreis der Künste wieder einmal versammelte Runde. - 
(Gemeint war damit: "Nun ja, es ist, wie es ist".)
"Unsere Charakterpflanze", murmelte daraufhin grinsend der am Kaminfeuer etwas gelangweilt ausharrende Lyriker Tristan Tzara.
Oui, angeblich verfälscht (lt. Wilhelm Uhde), ist diese Bekundung ja späterhin weltweit beinahe zu einer Art Lebensweisheit gediehen. - 
Und diesbezüglich erinnern wir uns an die ab 1903 zumeist in Paris lebende amerikanische Autorin und Kunstsammlerin Getrude Stein.
Ein stets schöngeistig empfindender Kreis der damaligen künstlerischen Avantgarde umgab sie dereinst, die mit ihrer Lebensgefährtin Alice B. Toklas kontaktfreudig residierende Kunstverbündete: Ernest Hemingway, James Joyce, Jean Cocteau, Pablo Picasso, T.S. Eliot, George Braque, Maurice de Vlaminck, Juan Gris, Sherwood Andersen, Francis Picabia - und viele andere Persönlichkeiten des damaligen Zeitgeschehens, sie waren dort oftmals zugegen. -
Bei den Personen, die dort zu Besuch kamen, war auch der Kunstschriftsteller Wilhelm Uhde häufig redegewandt zu Gast. -
„Dessen Lebenswandel doch nicht immer als gutbürgerlich zu bezeichnen sei“, als solchermaßen "unzivilisiert" verlebendigte Madame Toklas damals die Art und Weise des Bohemiens Wilhelm Uhde, sich in der Öffentlichkeit zu personifizieren - allerdings doch verständnisvoll schmunzelnd ...
Nun zutreffender zurückblickend, bleiben wir noch einen Augenblick bei der zuletzt genannten Person: Dem aus Deutschland stammenden "Enfant terrible" Wilhelm Uhde. - 
„Oui, ein großer, magerer Mensch, mit einer hohen Stirn und einem flinken Geist“, so hatte ihn Madame Alice B. Toklas vor Jahr und Tag einmal charakterisiert. -
Immerhin war Wilhelm Uhde der erste "Vermittler", der erfolgreich die so recht irreal-märchenhaft gemalten Schöpfungen des ehemaligen Zöllners Henri Rousseau alsbald in den oftmals recht unzugänglichen Kunsthandel geleitet hatte. -
Der Wilhelm Uhde ... Oui, mit ihm nun noch einmal nacherlebend zurück zum Wahlspruch der kunstsinnigen Madame Gertrude Stein:
Angeblich geschah es an einem Nachmittag im April des Jahres 1928. -
Uhde war wieder einmal zu Gast in der Rue de Fleurus 27.
Zu vorgerückter Stunde noch immer redselig beisammen, hatten Alice und Gertrude um mitreden zu können beschlossen, in der Wohnung des Wilhelm Uhde noch eine Ausstellung "naiver Malerei" erwartungsvoll in einen näheren Augenschein zu nehmen.
Eh bien ...
Bald darauf standen Gertrude und Wilhelm nun abwartend im unteren Bereich des Hauses in der Rue de Fleurus; weil die stets etwas wankelmütig in Erscheinung tretende Alice B. Toklas noch immer in ihrem Kleiderschrank hörbar verzweifelt nach einem passenden Beinkleid für dieses "bedeutsame Kulturereignis" suchte.
Den weinerlich gemurmelten, unten kaum zu verstehenden Worten, konnte man  jedoch entnehmen, daß Madame bei der endlosen Suche offenbar nicht sehr erfolgreich war ...
Bis hin zu dem Zeitpunkt, da Gertrude, spürbar verstimmt, dann mit lauter Stimme zum Ausdruck gebracht haben soll:
„Ma Chéri, il est déjà tard! (es ist schon spät!) Wie lange dauert das denn da oben noch? Mon dieu!
"Eine Hose ist eine Hose ist eine Hose * - merde, maudit!“ - das rief Wilhelm Uhde - mit schmunzelndem Blick auf Gertrude Stein dann hinauf - nach oben, Alice betreffend. -
* ( Eine so genannte "Tautologie""Die Dinge sind, wie sie sind". 
Zum Beispiel: "Spiel ist Spiel". - "Wurst ist Wurst". - usw. -
                                                              -
                                                            ***

Mittwoch, 13. Juli 2022

Mit JACQUES BREL - ein Zusammenspiel ...

Betont zum Ausdruck geraten:
Oui, ein sonnendurchflutetes Frühlingslüftchen hatte wohl damals den Ausschlag dafür gegeben, daß wir nachmittags nun schon seit langem auf der weiträumigen Terrasse des Café Flore, am Boulevard Saint-Germain, noch immer angeregt plaudernd beisammen saßen, Jacques Brel und ich. -
"Ja - und in Anbetracht der derzeitigen politischen Begebenheiten", gab er mir dort zu verstehen, "würde er jetzt gern einen Text vertonen, in welchem der oftmals aufkeimende Groll über all diese spottschlechten politischen Machenschaften als durchaus sarkastisch zum Ausdruck geraten solle. - 
Du und ich, wir werden das textlich konkretisieren." ...
Na denn, ein reizvolles Unterfangen, so dachte ich. -
Und bereits in der Woche darauf saßen wir wieder Seite an Seite, in Maisons-Laffitte, der nordwestlich gelegenen Vorstadt von Paris - beflügelt am sonnigen Ufer der Seine.
Vorausschauend hatte Jacques auch seine Gitarre mitgebracht, die er minutenlang gestrengen Blickes in Augenschein nahm - und angespannt zupfend gefügig zu machen suchte ...
„L'ascenseur“, der Fahrstuhl, so haben wir späterhin diese balladenartige Moritat, das in frühlingshafter Mutter Natur am Ufer der Seine erschaffene Chanson, wohlüberlegt betitelt.
Ja, und dank einer damals von Jacques musikalisch aufhorchen lassend komponierten Tonfolge, durften wir schon einige Stunden später, im Garten eines salon de thé, seelenvergnügt die folgende Lieddichtung gefühlvoll laut werden lassen:
   Cäcille war zumeist, als laszive Kokotte,
   in Paris sehr gern den Politikern hold.
   Jüngst kam dann ein Kotzbrocken aus dieser Rotte,
   doch der hat den Akt nur im Fahrstuhl gewollt.
   Dabei blieb der Lift neulich stecken,
   das Stromnetz war plötzlich gestört.
   Sie mußten im Fahrstuhl verrecken,
   Den Notruf hat niemand gehört ...
Und als Refrain:
   Im Kreis der perfiden Parteigenossen,
   hat keiner gerührt eine Träne vergossen. -
   -
Als eine boshafte, fast schon rebellische Anspielung war dieses Chanson bald auch "in aller Munde", wie man‘s volkstümlich gern einmal leichthin benennt. - Tout le monde amüsierte sich köstlich, war mit dem Text vertraut - und auch mit der Tonrelation unseres oftmals erfolgreich ins Schwarze treffenden Kunstlied-Gestichels. -
Auch ist dazu nun noch recht befriedigend anzumerken, daß die Mehrzahl der damaligen französischen Regierungsvertreter stets wütend in Aufruhr geraten ist, wenn Jacques sich mit dem herausfordernden Chanson von neuem auf einer Bühne in Szene zu setzen verstand - oder vermittels Hörfunk ja landesweit so ausdrucksvoll aufhorchen lassen konnte.
Oui, zudem ist‘s wohl durchaus hier noch erwähnenswert, daß der damalige, französische Staatspräsident Georges Pompidou des öfteren von einigen schadenfroh grinsenden Journalisten auf diese Malice angesprochen worden ist. - Gewitzt und seit langem bereits professionell mit all den politischen Schmutz-Wassern immunisierend gewaschen, wußte er stets chevaleresk die Haltung zu wahren ...
Einstmals geschehen. - Die älteren Mitbürger unter uns werden sich jedoch daran erinnern. - 
* Oui, certainement! - Enchanté, Maddly cher ...
                                                            -
                                                         ***

Freitag, 8. April 2022

Der holländische Maler Vincent van Gogh ...

Und dessen derzeitiges "Selbstwertgefühl" - das hatte eine schmerzhaft "verunstaltende Resignation" zur Folge.
Diese daraufhin weltweit als "Ohren-Tragödie" benannte Gegebenheit. -
Auch in Bezug darauf, hockten wir später nachdenklich gestimmt in einem Restaurant in der Innenstadt von Amsterdam - an einer der Grachten. - Damals: Der Robert Gernhardt und ich. -
Vorab waren wir gemeinsam, in recht aufschlussreich zu spüren bekommenen Stunden im Van-Gogh-Museum "gelustwandelt" - und saßen nun "eingedenk dessen" in diesem Lokal ...
"Dieses Ohren-Desaster hat sich meines Erachtens wohl doch folgendermaßen ereignet", meldete ich mich diesbezüglich zu Wort - und darum schenk mir doch bitte einmal aufgeschlossen Gehör“, versuchte ich seine Aufmerksamkeit zu erreichen. „Denn mit der folgenden Verserzählung ist es mir Wunsch eindeutig zu belegen, daß am 2. Januar 1889, in der südfranzösischen Stadt Arles, am späten Abend, am Place Lamertine ...“
„Ach ja: Der bemitleidenswerte Maler Vincent van Gogh - und diese dereinst erlittene, so brutal und unbarmherzig als eine Art Denkzettel vollstreckte Mißhandlung!“ unterbrach er mich derart bedeutungsvoll.
„Oha! Ein Denkzettel? Also demnach die zügellos aufflammende Art und Weise einer Strafmaßnahme. - Ist das jetzt tatsächlich ernstgemeint?“ schaute ich baß erstaunt fragend auf.
„Selbstverständlich!“ gab er mir forsch zu verstehen. „Der Vincent van Gogh wohnte ja derzeit in Arles mit dem oftmals erschreckend aufbrausenden Choleriker, dem Maler-Freund Paul Gaugin zusammen!“
„So war’s. - Na und?“ forschte ich angespannt nach.
„Nun denn, ich will das jetzt einmal folgendermaßen vergegenwärtigen: Der Vincent war eines Tages versessen darauf, von neuem ein im ländlichen Umkreis noch immer in einem leuchtenden Goldgelb aufscheinendes Sonnen-Blumenfeld malerisch kraft- und ausdrucksvoll auf die Leinwand zu bannen. 
Am Morgen darauf war er schon hochgestimmt sehr früh auf den Beinen. - Der Freund Gaugin lag noch in tiefem Schlaf.
Als Vincent dann seine Malutensilien zusammenpacken wollte, mußte er zutiefst erschrocken gewahr werden: kein Indischgelb und auch kein Kadmiumgelb vorhanden! Beide Tuben waren ausgequetscht leer! -
Nach einer alptraumartig durchlebten Schrecksekunde erinnerte er sich aber daran, daß Paul Gaugin neulich aus Paris unter anderem auch eine große Tube Indischgelb mitgebracht hatte. 
Gefühlsmäßig war ihm gewiß nicht wohl dabei, als er sich der Tube aus Pauls Malkasten bemächtigte.
Spätabends kam er dann heim - und begab sich sogleich freudig erregt nach oben ins Häuschen, das tagsüber in der freien Natur fertig gemalte Sonnenblumen-Bild erwartungsvoll in der Hand haltend.“
„Hm? - Robert, ich ahne nun fast schon Verhängnisvolles!“ beunruhigte mich der Verlauf seiner spannenden Geschichtsklitterung.
„Wohl wahr!“ informierte er weiter. „Denn im oberen Stockwerk wartete hinter der Tür seit langem ein wutschnaubend hin und her gehender Paul Gaugin auf den bisher ja noch immer nichtsahnenden Vincent! - Wütend riß er dem vertrauensselig dastehenden Freund das noch feucht schimmernde Bild aus den Händen, warf es zu Boden - und trampelte heftig darauf herum! Fluchend umklammerte er sogleich den Kopf seines sprachlos dastehenden Weggenossen, schlug zornentbrannt seine Zähne in dessen Ohr - und biß ...“
„Entschuldige Robert“, unterbrach ich ihn nun so bedeutungsgleich zurückdenkend. „Aber mir ist da soeben eine wohl kaum noch als kunstfertig zu betrachtende Nachäfferei der von Dir so atemberaubend geschilderten Fleischeslust eingefallen: Damals, dieser amerikanische Faustkampf-Athlet,  Mike Tyson genannt, der hat doch da einst gleicherweise seinem Gegner ...“
Eine von mir etwas dummdreist zum Ausdruck gegebene Geringschätzung dieser einstmals geschehenen Ereignisse im "Gelben Haus" in Arles. -
Hm? Ich hatte es "damit" anscheinend ein wenig zu weit getrieben ...
Denn kopfschüttelnd schaute mich Robert daraufhin an: „Mußt Du jetzt unbedingt solch banale Abgeschmacktheiten töricht hineinschleudern, in eine dereinst aufsehenerregende und wohl auch kunsthistorisch durchaus als inhaltsgewichtig zu bewertende Tragödie?“ beschwerte er sich. -  
„Ja, entschuldige meine "Geringschätzigkeit dessen", trotz allem schenk‘ mir bitte diesbezüglich noch einmal Gehör! Denn diese weltweit noch immer Mitgefühl anregende Ohren-Tragödie, sie hat sich ja seinerzeit wohl schwerwiegend sehr viel bösartiger zugetragen."
"Ach?" horchte er abwartend auf. "Ich befürchte nun ernsthaft, daß hinsichtlich dessen gleich eine abgrundtief grausame Veranschaulichung zu gewahren sein wird."
"Ja, so kann man's wohl kritisch betrachten", stimmte ich zu. "Theo van Gogh, der herzensgute Bruder des armen Vincent, er hat ja seinerzeit in Paris eine kleine Bilder-Galerie betrieben. Und am 4. Januar 1889 erhielt er postalisch geleitet dort un recommandée, einen eingeschriebenen Brief ausgehändigt; aufgegeben in der südfranzösischen Stadt Arles. - Ahnungslos öffnete er gleich darauf das Kuvert - und mußte schreckensbleich nun die folgende Androhung schlechthin zur Kenntnis nehmen:
   Cher Theo van Gogh, stand da einleitend geschrieben.
Des weiteren dann:
   Auch hier macht sich die Jahreszeit, mit ungewohnter Kälte breit.
   Doch sollten wir darob nicht klagen, das ist halt so, an diesen Tagen.
   Wir sehen Sie erstaunt verweilen, bei’m Überfliegen dieser Zeilen.
   Wenn Sie uns Ihre Gunst gewähren, läßt sich das kurzerhand erklären:
   Ihr Bruder sitzt in unserer Mitte! Und ihn betrifft auch diese Bitte:
   Wir möchten für den bunten Knaben, von Ihnen gerne Bares haben!
   Denn er gestand uns, unter Qualen, daß Sie seit Jahren für ihn zahlen.
   Da Sie ihn finanziell umhegen, kommt uns das nun auch sehr gelegen.
   Wenn Sie ihn wiedersehen wollen, dann sollten Sie mit uns nicht schmollen,
   sondern schnellstens für ihn löhnen! Das wollten wir nur kurz erwähnen.
   Der Vincent sagt gerade leise: Mein Bruder will bestimmt Beweise ...
   Na gut, das läßt sich alles machen, wir sind versiert in solchen Sachen!
   D’rum werden wir, zu Ihren Händen, sein linkes Ohr postalisch senden.
   Bedenken Sie, wir sind in Eile, sonst folgen dem noch andere Teile!
   Das wär’s für heut’, von hier aus Arles. Mit lieben Grüßen, stets Ihr Charles.
   -
Robert hat mir damals daraufhin schmunzelnd zugenickt, dann zuprostend sein Weinglas erhoben - und so "weinselig" formuliert: „Se non e vero, e ben trovato", wenn es nicht wahr ist, ist es doch gut erfunden. -
Damals, sich derart aufschlußreich offenbarend in Amsterdam ...
-
***



Montag, 7. März 2022

Im Bewusstsein eines "SCHON ERLEBT":

Damals, in PARIS - und das in einem "Aufsehen erregenden Zeit -Abschnitt".
Ach ja: Nicht nur ein ständiger Alkoholkonsum - oder der anhaltende Gebrauch von Drogen hatte all das bewirkt, daß sich da urplötzlich etwas geistesmächtig heraufbeschwört - und alsbald in die hernach überraschend offenbar-werdenden Wege geleitet. -
Nein, denn ...
Ein psychologisches Phänomen, das einstmals französisch als „Déjà-vécu“ bezeichnete - und zuweilen bedenklich Wirklichkeit werdende „Schon erlebt“. (auch als: déjà = bereits oder schon, vu = gesehen), das läßt auch ohne stimulierende Rauschmittel so einiges lebensvoll zutage treten.
In seinem Buch „Dichtung und Wahrheit“, da beschreibt Goethe eine Begebenheit, die solch einem Fausse reconnaissance, diesem „falschen Wiedererkennen“, so allerhand Ausdruck verleiht. -  
„Kokolores! Vernunftwidrige, hirnrissig gesponnene Flausen!“ räsonierte einst unbelehrbar abweisend der Freud-Schüler Sebastian Heil-Resistere, als der Großmeister der Psychoanalyse sich hinsichtlich dessen murmelnd ins Nachdenken vertieft hatte.
„Nein-nein, sie vereinsamter Nihilist! - Der Auftakt für die als Déjà-vu charakterisierten Erlebnisse, ist einzig und allein mit den verdrängten Phantasien der menschlichen Wesen präzis zu verdeutlichen!“ wurde der angehende Seelen-Voyeur sogleich eines Besseren belehrt. -
Ja, all das stimmte mich nachdenklich, als ich vor kurzem einen mehrseitigen Brief aus Paris - geschrieben von einem Freund, dem Pianisten Javiero Garcia Sánchez - neugierig geöffnet und zunehmend beunruhigt gelesen hatte. - 
Javiero, seit seinem Studium an der Académie Royale zumeist in Paris wohnhaft, im Quartier Latin, im fünften Arrondissement dieser Stadt. -
Wir hatten uns 1973 in Paris kennengelernt, als ich dort einige Jahre freiberuflich als umherreisender Journalist für die bereits im Jahr 1964 von dem französischen Philosophen André Gorz dereinst in Szene gesetzten Wochenzeitung "Le Nouvel Observateur" tätig - und Javiero daselbst einige Monate als Volontär beschäftigt gewesen war. -
Ja, da ich seit langem in einer norddeutschen Region und einige Monate in Griechenland ansässig geworden bin, trafen wir uns hin und wieder nur noch in Frankreich; das aber selten. -
Doch nun zurück zur soeben geöffneten Post aus Paris: Nebst einer CD mit der Klaviermusik des Komponisten Erik Satie, hielt ich vier eng-beschriebene Seiten in Händen. Und war mir - nach einem kurzen Überblick dessen - sogleich auch darüber bewußt, daß mich das Wesentliche einer brieflich anscheinend derart eindringlich beschworenen Imagination - vermutlich doch als schwer zu bewältigend - alsbald offenbaren würde:
Der Inhalt des Briefes:
"Paris, 12. Juni, 2009 - 
Didier cher ... Qu‘est-ce qui s‘est passé?  -  (Was ist geschehen?)
Oui, Du wirst es vermutlich gar nicht für möglich halten - und Deiner diesbezüglichen Einstellung gemäß, nur milde gestimmt lächeln. Aber die meinen Zeilen beiliegende Tondichtung des Erik Satie, sie beschwörte da neulich urplötzlich in mir einen recht melodramatisch gearteten Rückblick zutage ... Reinkarnation? Haben wir schon einmal gelebt?
Uns muß es schon 'mal gegeben haben!
Denk einen Augenblick angestrengt nach und zugleich auch inhaltsgeladen zurück - dann wird die im folgenden nun wieder auflebende Begebenheit auch Dir wahrhaft und wirklichkeitsnah vor einem geistigen Auge erscheinen:
Dieser dereinst gemeinsam erlebte Monat Mai 1917, hier, in den für uns einstmals heimatlich gewordenen, wie wohl oftmals auch desillusionierend aufblitzenden Gegebenheiten ...
In "dieser einzig benutzbaren Wüste" (so Camus zu) Paris. -
Ist das präsent? Liegt all das für Dich nun zutage? - Nein?
Dann werde ich Dir jetzt hinweisend auf die Sprünge helfen! - Eh bien:
Rauchend und Wein trinkend saßen wir damals nachdenklich gestimmt in der Feuilleton-Redaktion des Nouvel-Observateur und sprachen über die demnächst im Théâtre du Châtelet stattfindende Inszenierung von Musik, Ballett und der Malerei, dieser als „kubistisches Manifest“ bezeichneten, alsbald debütierenden Theateraufführung. 
Du erinnerst dich? - Nein, noch immer nicht?“
Unabhängig davon, daß ich mich daran partout nicht erinnern konnte, diese Geschehen gemeinsam erlebt zu haben, war es erst einmal in Betracht zu ziehen, daß es den Nouvel Observateur damals noch gar nicht gegeben hat.
Denn als Erstveröffentlichung dieser bald zur meist gelesenen Zeitung gediehenen Druckschrift, ist der von Claude Bourdet 1950 in Umlauf gesetzte L‘Observateur zu erwähnen.
Ein inkorrekt aufscheinendes Denkzeichen, in Javieros phantastisch aufblühendem Sentimentalitäts-Geschehen - so bedachte ich‘s kurz - um gleich darauf erwartungsvoll weiterzulesen:
„Incroyable! (unglaublich!) Aber ein vermutlich aufsehenerregender Hinblick auf das bevorstehende Spektakel war schon vorab zu gewärtigen, als wir drei Tage vor der Uraufführung nachmittags bei der Anbahnung dessen dort dann schaulüstern zu Gast waren! 
Na, ist es nun doch gegenwärtig?
Du mußt das vor Augen haben! Den übereifrig herumwieselnden Jean Cocteau, in dem von ihm so absonderlich geplanten Szenario.
Dazu, gewöhnungsbedürftig im Hintergrund eines futuristisch erschaffenen Bühnengeschehens: Erik Saties für uns ja bis dato noch ungewohnte, von ihm extra für diese Aufführung konzertierte exzentrische Tondichtungen ... Nein, da ist noch kein Rückblick in Reichweite? Das nehme ich Dir nicht ab; gib‘s zu, Du verweigerst dich! Mußt Du jetzt alles derart ernüchternd vereiteln wollen? - Auch die Choreographie und zudem noch tänzerische Meisterschaft des Léonide Massine? Der Tänzer des Balletts Russes - und Liebhaber des Choreographen Diaghilew - der ja damals dort auch umtriebig zugegen war. Oui, schieb einmal all diese unfreundlich aufblitzende Abwehr aufnahmefähig beiseite! Dann wird sich Dir alles umgehend durchaus so malerisch offenbaren: Gewiß der übereifrig umhereilende Kostüm- und Bühnenbildner Pablo Picasso ... - Aha! Aufhorchen lassend, zeigt sich da zwingend der Malerfürst! Er setzt wohl ad hoc unter Druck und nötigt nun doch zu einem bereitwillig aufkeimenden Wiedererscheinen dieses vor Jahren ja gemeinsam so eindrucksvoll miterlebten Bühnenspektakels.
Nein, noch immer nicht?
Denk 'mal zurück: Wir waren ja damals durchaus beeindruckt ...
Nicht so der Großteil des Publikums am Abend der Premiere am 18. Mai 1917!
Sehr lautstark geäußerte Ablehnungen brachten Tumult in den Saal - und verursachten einen Skandal! 
Wie Du wohl weißt.“
Hm? - Javiero - ist es eventuell doch eine Beeinflussung durch Opium?
Versuchte ich‘s zu ergründen; mich auch daran erinnernd, daß er seit langem schon ein Bewunderer des am 11. Oktober 1963 in Milly-la-Forêt verstorbenen enfant terribles Jean Cocteau war. Und sich 1976, in Paris, als Besucher bei einer Versteigerungs-Aktion "Cocteaus‘scher Wertobjekte im Bereich der beweglichen Habe", zwei der hier angebotenen Opium-Pfeifchen zu eigen gemacht hatte. -
Offenbarte sich da die Willenslenkung halluzinierend einwirkender Drogen? 
Trotz allem laß ich erwartungsvoll weiter:
„Voilà, erinnerst Du dich manchmal noch an den oftmals abwertend begutachtenden Schmähredner Jean Poueigh? „Man hat da auf die nie endende Dummheit der Menschen spekuliert“, ließ er, der bekannte Musikkritiker, sich damals derart gestreng in einigen Zeitungen über das extravagant inszenierte Bühnenereignis aus. Eventuell ist es Dir wahrhaftig nicht mehr in Erinnerung geblieben, daß Erik Satie ihm daraufhin stockwütend eine Postkarte mit dem folgenden Wortlaut geschrieben hat: „Monsieur et cher ami - vous êtes un cul, un cul sans musique!“ (Mein Herr und lieber Freund - Sie sind ein Arsch, ein Arsch ohne Musik!) -
„Am darauffolgenden Tag - Das wirst Du wohl kaum vergessen haben! Da saßen wir ja dann noch, vertieft in ein wortgewaltig gestaltetes Miteinander, bei der reizenden Madame Misia Sert im eleganten Salon ihrer Wohnung am Quai Voltaire ... - Anwesend waren - wie es nun wirklich noch erinnerlich sein müßte: Ein oft buhlerisch um Léonide Massine herumtänzelnder Serge Diaghilew. Und der spür- und sichtbar um Aufmerksamkeit bemühte Jean Cocteau. Ein dandyhaft gekleideter Marcel Proust, dessen hin und wieder durchdringend laut werdendes Lachen uns alle erschauern ließ. Und im kontemplativen Abseits ein sich angeregt mit dem Maler August Renoir unterhaltender Freund und Kumpan Toulouse Lautrec. - Oui, und um Mitternacht erschien dann auch noch der unserer Misia dereinst das Musikstück „La Valse“ gewidmet habende Komponist Maurice Ravel“. -
„Javiero, Du hast Max Jakob, Guillaume Apollinaire und den dort anwesenden Pablo Picasso gar nicht erwähnt!“ murmelte ich, obschon noch immer recht unzugänglich gestimmt ...
Kopfschüttelnd und trotz allem nun doch auch schon schwärmerisch zwangsgesteuert in eine gefühlvoll aufleuchtende Rückschau in die reizvoll erlebte Zeit in Paris entrückt, nahm ich die bereits geöffnete Flasche Rotwein zur Hand und begab mich nebst Glas und dem Brief des Freundes auf die Terrasse meines Häuschens im Norden der griechischen Insel Lesvos. - Sanftmütig gestimmt, war ich dann gleich darauf weiterverfolgend wieder in Javieros daseinsfreudiges und wortreich zu spüren gegebenes Wunschtraum-Gebilde vertieft - in diesem erweiterten Ausmaß:
„Verspätet kam dann, wieder einmal angetrunken, „Monsieur Pauvré“, wie er in einschlägigen Kreisen oftmals benannt wurde: der Erik Satie. - Didier, das kannst Du unmöglich vergessen haben!“ stand da zu bewegen suchend geschrieben. - „Auch eingedenk dessen, daß Du es ja warst, der dann, bereits in den beginnenden Morgenstunden, den inzwischen volltrunken wankenden, rheumatisch einherstolpernden Erik hilfreich nach Hause, in sein zellenartiges, mit allerhand Trödel, Gerümpel und Plunder vollgestopftes Kämmerlein, damals noch in der Rue Corot, stützend geleitet hast!“ -
Par bleu! Ich versuchte mir das nun leibhaftig vor Augen zu stellen. Und dachte dabei an Platon, der einmal diesbezüglich bekundet hat: Nur die ewigen Ideen sind das eigentlich Seiende!
Ach Javiero! - Beeindruckt und nun wohl auch zunehmend beeinflußbar Wirkung gewahr werdend, las ich aufmerksam weiter:
„Unterwegs, so hast Du es damals uns allen erzählt, warst Du ja angeblich immer wieder sehr darum bemüht, ein wenig mehr über sein der mittelalterlichen Mystik entliehenes Musik-Emfinden, dieser Rückkehr zu einer klassischen Prägung dessen zu ergründen. -
Das sollte nun doch gegenwärtig sein ... "Er sei noch immer in die Erweiterung seiner Gymnopedien vertieft und das kontinuierlich!" hat Dir der trunken einherstiefelnde Erik abwinkend zu verstehen gegeben, so hast Du uns damals darüber berichtet. - Nebenbei bemerkt, sind das die Kompositionen, die mir noch immer am besten gefallen. -
Nicht so die einstmals erlebten Tondichtungen dieser theatralischen Aufführung „Parade“
Stimmen wir da überein?“ -
Was das angeht: ja, dachte ich beiläufig ...
„Im Flur seiner ärmlichen Bleibe angelangt“, berichtete Javiero schriftlich weiter, „hat er Dir - wie Du es derzeit ja stillvergnügt betont hast -, dann schlußendlich noch aufgebracht zugeraunt: 
"Möge dem Armseligen, der mich übersieht, die Zunge verbrennen - und das Trommelfell platzen!" -
Mon dieu! Wenn Du dich daran nun nicht mehr erinnern kannst, dann schöpfe ich doch den Verdacht, daß ich ab jetzt unerfreulicherweise an Deiner Merkfähigkeit zweifeln muß! - Laß es mich wissen, ruft sorgenvoll ausharrend einer der wenigen Dir aller Wahrscheinlichkeit nach wohl noch verbliebenen Freunde, im derzeit regnerisch verschnupft machendem Molloch Paris.“ -
Unserer Freundschaft zuliebe, galt es nun angemessen darauf zu antworten ...
Immerhin, dem bereits genußfreudig getrunkenen Wein zur Folge, würde die Beantwortung seiner gefühlsselig formulierten Zeilen dann auch hoffentlich zusagend zuwege gebracht werden. -
„Wer ein bewußtes Leben führen will, der muß das im flüchtigen Strom seiner Erinnerungsbilder tun!“ so hatte es ja schon der in Berlin lebende Philosoph Stephan Otto dereinst konkretisiert. -
In Anbetracht dessen, griff ich bald darauf seelenvergnügt zur Feder, um gleichgestimmt, wie einstmals Schulter an Schulter, nun emotional aufgekratzt aufs Geratewohl "zurückzublicken":
Skala Sykaminias, Lesvos, Greece, am 14. Juni, 2009 -
Mon cher Javiero,
wohl wahr, es bleibt unvergessen - und natürlich erinnere ich mich an all das von Dir urplötzlich nun so gefühlsreich erneut vor Augen geführte damalige Geschehen. - Wenn ich da zutreffend zurückschaue, dann bist Du ja damals bald darauf, im Juni 1917, nach Madrid abgereist, um Deine Mutter zu besuchen und am dortigen Konservatorium drei Jahre lang als Musiklehrer zu unterrichten. - Das ist nun durchaus erwähnenswert, mein Freund!  -
Denn in diesem beachtenswerten Zeitraum, da hat sich ja so einiges aufsehenerregend ereignet ...
Als Du noch in Paris anwesend warst, da sprachen wir eines Abends mit Guillaume Apollinaire über einen neuen Geist des Überrealismus - er nannte es „sur-realisme“, Du erinnerst dich daran? Gemeint war: Das Wirkliche mit dem Unwirklichen zu verknüpfen ... -
So annähernd im Unwirklichen trat dann zutage, was ich kurz nach Deiner Abreise erleben durfte:
Wir (die Redaktion) hatten in Erfahrung gebracht, daß Picasso wieder einmal die Gespielinnen ausgewechselt hatte, Olga Chochlowa war jetzt die Favoritin. Im Juli 1918 hat er die Dame dann geheiratet. - Cocteau war der Trauzeuge. Oui, und ihn habe ich dann gebeten, mir einen Termin für ein Interview zu beschaffen. - In der darauffolgenden Woche hat‘s dann auch geklappt, der Meister hatte es gönnerhaft geschehen lassen ...
Wohlan - und somit zurück ins damalige "Geschehen":
Picasso war ja inzwischen nicht nur berühmt, sondern auch wohlhabend geworden. Als ich die neue Wohnung in der Rue la Boétie betreten hatte, stand mir ein auffallend bürgerlich sichtbar werdender Maler gegenüber: Im maßgeschneiderten Anzug, mit einem Ziertuch in der oberen Jackentasche und einer auffällig hervorleuchtenden goldenen Uhrkette am Knopfloch. - Es verschlug mir die Sprache, als ich die luxuriös ausgestatteten Räume näher in Augenschein nehmen konnte: Olgas strategische Einflußnahme, so bedachte ich‘s, als mich der Meister überraschend freundlich dazu aufforderte, nun ihm gegenüber Platz zu nehmen. - Kurz zusammengefaßt: Im Laufe des einseitig stattfindenden Gesprächs wurde mir deutlich gemacht, daß ich ein Interview nur bekommen könnte, wenn ich schon morgen früh als Chauffeur zur Verfügung stehen würde. - Er habe sich gestern ein Automobil gekauft, einen Hispano-Suiza; weder er noch Madame Olga hätten jedoch eine notwendige Fahrerlaubnis. Auch der Freund Erik, Monsieur Satie nicht, der ja morgen dabeisein würde ...
„Wo man denn so übereilt hinfahren wolle?“ habe ich, offensichtlich total überrumpelt, nachgefragt.
„Nach Antibes, um dort, am La Garoupe benannten Strand im Kreis der feinen Gesellschaft ein wenig mitmischen zu wollen!“ gab mir Picasso abfällig grinsend zu verstehen. -
Ich hatte begriffen: Le High Life - das Treiben der Prominenten - und Madame Olgas offenbar lebenswichtiges Begehren, daselbst nun beachtet werdend mithalten zu können. -
Am Morgen darauf klingelte ich, gut gekleidet - ich hatte mir am Abend zuvor von Max Jakob noch einen Anzug geliehen -, abreisebereit dastehend, an der Wohnungstür der Familie Picasso.
Olga öffnete mir - und nahm mich mißbilligend in Augenschein: „Nein-nein, so geht das nicht!“ fuhr sie mich an. „Das werden wir jetzt sofort passend umgestalten!“ ließ sie mich wissen, rauschte davon und schon wenige Minuten später hielt sie mir die vollständige, komödienhafte Montur eines Chauffeurs unter die Nase! - „Keine Widerrede, Sie ziehen das nun sofort an!“ wurde bestimmt. -
Javiero, et cétait tout - und das war alles ... Und Du kannst dir vielleicht deutlich einmal mitfühlend vor Augen führen, wie mir damals zumute war. -
Trotz allem gestalteten sich diese dereinst erlebten Tage wahrhaft zu einem unvergeßlichen Reisegeschehen. Am ersten Tag fuhren wir bis hin nach Lyon - es gab ja damals noch keine Autobahn -, und am zweiten Tag erreichten wir dann gut gelaunt schließlich das Städtchen Antibes. -
Fürwahr: Eine anstrengend verlaufene Autofahrt ...
Andererseits sich ausreichend ergebende Stunden, um hernach wirklich ein aufschlußreiches und bemerkenswertes Interview konzipieren zu können. -
Javiero, so derart inhaltsgeladen zurückblickend, ist da noch etwas doch erwähnenswert: 
Als der Erik Satie am 1. Juli, 1925 in Paris verstorben war, da fanden wir - Max Jakob und ich - in seiner Wohnung noch die inzwischen weltweit bekannt gewordene Komposition „Vexations“ - „Quälereien für ein Soloklavier“, wie er die Tondichtung ja scherzhaft benannt hatte. 
So viel erst einmal für heute, mon ami; auch hinsichtlich eines hin und wieder aufblühenden Erinnerungsvermögens, - salut, à bientôt - ton Didier. -
Post Skriptum: 
Wissenschaftliche Untersuchungen haben aufsehenerregend erkundet, daß 50 bis 90 Prozent der auf diesem Globus gern lustbetont weilenden Menschen derartig traumhafte Erscheinungen dieser beunruhigend phantasievollen Beschaffenheit bereits oftmals durchlebt haben - und gegebenenfalls auch uneingeschränkt beurkunden können.  
                                                                  -
                                                                ***

Montag, 28. Februar 2022

Die Möglichkeit: "So unverzollt einzuführen":

Das war einmal - damals ... 
Benannt als, "Schmuggel betreiben" - oder etwas auf "Schleichwegen beschaffen". Um es hernach dann "schlitzohrig-gerissen" in die heimatlichen Regionen einzuschleusen. -
Vor Jahr und Tag - ja noch oftmals im "Bereich des Möglichen" ...  
Diesbezüglich sei hier - nachfolgend - von einer "bauernschlau versuchten Begebenheit berichtet". So, wie ich es damals "miterlebt" habe - an einer der derzeitig ja noch aktiven Zollstationen:
Oui, und unüberhörbar offenbarte sich bald darauf dabei auch der Anreiz eines "Corriger la fortune" - was meint: (Das Glück verbessern, d.h. mogeln).
Neugierig, durfte ich im Juni 1972 dann das folgende Ereignis schmunzelnd miterleben: 
Aus der spanischen Stadt Barcelona kommend, habe ich an dem dereinst noch grenzgebieterisch installierten Schlagbaum bei Irun haltmachen müssen. Und bald darauf, nun auf dem französischen Hoheitsgebiet angelangt, standen jetzt, Auto an Auto in Folge, all die dort als motorisiert Anwesenden im gleißenden Sonnenlicht abwartend hintereinander aufgereiht da. -  
Im geöffneten Cabriolet sitzend, gewahrte ich vor mir stehend einen alten, klapprigen Citroen-2-CV-Kleinlastwagen. - Und erkennbar wurden sogleich: Ein Hinweis gebendes Nummernschild auf die Gascogne - und ein schon älterer, allerdings untrüglich zutage tretender Bauer (paysan) aus diesem reizvollen, südfranzösischen Landesteil ...
Unübersehbar mißtrauisch dreinblickend, sprach nun der Zöllner den etwas unruhig dastehenden habitant de gascogne an: „Na, Monsieur, was haben wir denn heute gesetzmäßig zu verzollen?“
„Rien, pas-de-value de l'objet!“ (Nichts, keinerlei Wertsachen!) antwortete achselzuckend ein abwinkend gestikulierender Landmann.
„Merveilleux! (wunderbar!) - Dann können wir, immerhin ganz und gar problemlos, alles etwas näher in Augenschein nehmen“, wurde ihm schmunzelnd bedeutet.
Deutlich bemerkbar beunruhigt stand er jetzt da, der anscheinend nun doch in die Enge getriebene Gascogner.
„Oui, dann öffnen sie doch bitte einmal die hinteren Türen ihres Fahrzeugs!“ wurde er autoritär aufgefordert.
Widerwillig kam er dieser so barsch formulierten Anweisung nach - und sichtbar wurde dann gleich darauf eine dunkelblau leuchtende Plastiktonne; ein Großbehälter, mit annähernd neunzig Liter als Fassungsvermögen. 
„Aha! - Was haben wir denn dort drinnen eventuell durchaus belastend verborgen?“ sprach ihn der offensichtlich sogleich einen Verdacht schöpfende Zollbeamte herrisch an.
„Nichts von Bedeutung, nur Katzenfutter!“ bekam er lakonisch zu hören.
„Interessant, das wollen wir dann gleich einmal etwas gründlicher kontrollieren!“ wurde nun sofort unbarmherzig bestimmt.
„Pourquoi? (Warum?)“ versuchte der Bauer fragend abzulenken - um dann eindringlich darauf hinzuweisen, daß so etwas wohl leider nicht möglich sei, weil ja der Deckel der Tonne, vom Hersteller des Katzenfutters rundum kunststoffverschweißt, bestimmt enorme Schwierigkeiten bereiten würde - und demnach nur gewaltsam zu öffnen sei!
„Non, das ist kein Problem für uns, denn wir sind ja für alles gerüstet!“ ließ nun der zweite Beamte verlauten; verschwand in der Zollstation - und erschien wenige Minuten später mit einer geeigneten Gerätschaft inmitten einer sich offenbar anbahnenden Bredouille.
Schon bald darauf war der Deckel der Tonne unproblematisch entfernt - und ein verwundert aufblickender Zöllner hielt nun ein Häufchen frischgerösteter Kaffeebohnen in der Hand ...
„Olala! - Das ist ja wohl zweifellos ein tierisch gewöhnungsbedürftiges Katzenfutter!“ herrschte er kopfschüttelnd den trotz allem weiterhin als selbstsicher erscheinenden Grenzgänger an.
Beipflichtend nickte der Mann aus der Gascogne ihm zu: „Oui, so wird es sich leider wohl demnächst bewahrheiten!“
Die beiden Zollbeamten starrten jetzt abwechselnd auf den bauernschlau agierenden paysan und auf den Inhalt der großen Plastiktonne.
„Wie dürfen wir das denn nun bitte verstehen?“ entfuhr es dann mißfällig dreinblickend einem der Zöllner.
„Ach, wissen sie“, stöhnte der Bauer mitleiderregend auf, „ich züchte seit einigen Wochen exotische Siam-Katzen. - Und diese Viecher sind unglaublich anspruchsvoll! Dermaßen wählerisch, daß sie mich bald in den Ruin treiben werden. - Alles erdenkliche an bei uns in Frankreich verfügbaren Fressalien habe ich diesen verkorksten Biestern schon zukommen lassen! - Das kann ich notfalls durchaus beweisen, glauben sie mir!“
„Ja - und?“ forschte man weiterhin anzweifelnd nach.
„Na, was wohl?“ klagte er’s demonstrativ ein. Und mit ausgestreckter Hand auf die Plastiktonne weisend, polterte er trickreich drauflos: „Oui, messieurs, und wenn die versaubeutelten Stubentiger sich das da nun auch nicht mehr einverleiben wollen, dann ist unwiderruflich Schluß mit der Aufzucht! - Und ich werde diesen versnobten Viechern stocksauer den Hals umdrehen! - Compendre?“
Sekundenlang lastete daraufhin erst einmal eine unentschlossen flackernde Reglosigkeit über dem grenzgebieterisch in Atem haltenden Geschehen ...
Bis hin zum besorgniserregenden Augenblick, da einer der Zollbeamten den Mann aus der Gascogne beinhart und unzugänglich anherrschte: „Conduisez votre voiture de ce cotè - là!“ (Fahren sie ihren Wagen dort an die Seite!)
Das habe ich letztendlich noch unüberhörbar mitbekommen, bevor mich der andere Zöllner erst einmal abfällig dreinblickend fixierte - und dann unwirsch zum Weiterfahren aufforderte ...
Ein bedeutsames "Miterleben" -
                                                                   -
                                                                 ***



Sonntag, 16. Januar 2022

Jacques Brel "verdeutlicht" Jean-Paul Sartre:

An einem Tag - im September 1967 ...
Oui, in Erinnerung an JACQUES - und viele unserer "gemeinsam erlebten Begebenheiten" - da sei "dieses Ereignis" hier einmal "zurückblickend zum Ausdruck gebracht".
Damals:
„Ausgesetzt in eine absurde und oftmals Ekel erregende Welt, ist’s wohl ein Lichtblick in einer illusionslosen Leere!“ rief er mir zu, als wir in Paris, auf dem Monmartre-Hügel, in der Rue des Saules vor dem inzwischen wiederbelebten „Lapin à Gill“ schaulustig haltgemacht hatten. -
Eh bien, eine wortgetreu ausgeliehene Sartre-Bezeugung!  
Theatralisch bekundet vor der altehrwürdigen Fassade des Lapin agile, der Vergnügungsstätte mit einer glorreichen Vergangenheit: "Picasso, Braque, van Dongen, bisweilen Matisse, Apollinaire, Derain, Utrillo, Max Jacob, sie alle waren dort oftmals zu Gast; zuzeiten, als der damalige Besitzer Frédé sich allzu gern dummdreist als der beste Freund all dieser Künstler bezeichnete", schloß ich mich dem nun zurückblickend an. 
"Oui, Frede, der Mann mit dem zotteligen Esel namens "Lolo". Ein Schlitzohr par excellence, dieser aubergiste", ließ Jacques den einstmals so umtriebigen, struppig bärtigen Kneipier nun schmunzelnd wiederaufleben.
"So war's, aber was beflügelt Dich dermaßen bedacht, zuvor introduktiv Sartres gewichtige Worte zur Sprache zu bringen?“ versuchte ich's in Erfahrung zu bringen.
„Voilà! Allein Er wird dort thematisch zum Ausdruck gelangen, wenn ich demnächst in diesem Amüsierlokal stimmungsvoll auftreten werde!“ gab er mir daraufhin hingebungsvoll zu verstehen.
„Du hier, in diesem Etablissement?“
„Oui, naturellement. Warum denn wohl nicht? Man hat mich darum gebeten - und ich habe bereitwillig zugesagt. Inzwischen hat sich ja dort wieder eine Kleinkunstbühne sehr erfolgreich in Szene gesetzt. Der Yves Montand wird ja hier demnächst auch seine Liedchen tremolieren!“
Um dann - Sartre-betont - inbrünstig hinzuzufügen: „Und abermals kann sich der Einzelne, nun in totaler Verantwortung gegenüber der anwesenden Hörerschaft, ja neuerlich selbst erschaffen!“ 
„De facto. - Besitzt diese Verantwortung allerdings nur in der Entscheidung zu sich selbst!“ erweiterte ich grinsend die gewichtige Darlegung des einstigen Begründers des französischen Existentialismus: Monsieur Jean-Paul Sartre.
„Oui, certainement!“ (Ja, gewiß) nickte er mir beipflichtend zu. „Was hältst Du davon, wenn Du mir dabei nun ein wenig Beistand leistest?"
"Selbstverständlich! - Aber wie das denn?" horchte ich neugierig auf.
"Schreib mir dafür alsbald noch einen Text, in welchem Sartres Ideologie und Bestreben für mich und mein Publikum geistreich und auch phantasievoll zum Ausdruck geraten kann - d’accord?“
Nun denn:
Eilfertig habe ich diesen Wunsch dann ja auch einigermaßen zutreffend in die Tat umgesetzt - wie es die folgenden Zeilen nun hoffentlich noch immer zu spüren zu geben vermögen: 
Erbost schrieb einstmals Jean-Paul Sartre
quer über eine Tür, die knarrte:
Wir lassen uns, auch mit Geräuschen, niemals in der Erkenntnis täuschen,
daß Sinn und Zweck, gleich welcher Pforten,
sei’s hier, wie auch an anderen Orten,
sich offen-stehend nur ergeben, wenn wir sie aus den Angeln heben!
Oui, und mit dem folgenden Ausklang haben wir diese Lieddichtung, zuvor ich und bald darauf auf einigen Bühnen auch hochgestimmt Jacques, noch für tout le monde so aufschlußreich an- und abschwellen lassen:
Und damit sprach er für Rimbaud, denn dieser dachte ebenso. -
Mon Jacques war zwar damals erfreut, hat diese schlicht und ergreifend als "Sprechgesang" gestaltete Kantilene bald auch in sein Chanson-Repertoire aufgenommen; als wahrscheinlich spitzbübisch aufheiternder, kam ihm hin und wieder auch der folgende Liedtext anscheinend doch gelegen:
Man kann im Hof der Tuilerien, im feuchten Rasen niederknien -
ermuntern die Fran-zo-o-sen ...
Doch ratsam ist’s im Sacré-Coeur, dort bleibt solch Handeln populär -
vermeidet nasse Ho-o-sen!
Pas de malheur - non malheur ...
-
Einige "Chanson-Freunde" werden sich daran erinnern. - 
Wohl auch daran: Am 9. Okt. 1978 ist Jaques dann ja leider verstorben ...
-
***

Freitag, 26. November 2021

Es wurde ein unbarmherziger Alptraum!

Ein wahrlich beängstigendes Erlebnis ...
Der österreichische Neurologe Sigmund Freud hatte all diese traumhaften Wahngebilde ja schon dereinst als eine beunruhigend aufkommende "Gefühlsirreführung" charakterisiert. -
Wie oder was auch immer - ? 
Man muß solche Begebenheiten eben zeitlebens geduldig ertragen.
So auch vor einigen Tagen, als ich wieder einmal in diesen Bannkreis der "Déjà-vécu" = schon erlebt, sinngleich auch "Déjà-vu" = schon-gesehen-Begegnungen träumend hinein-geraten war.
Und das schreckensvoll folgendermaßen:
Da stand mir das nachfolgend beschriebene, so traumhaft Erlebte urplötzlich sehr deutlich vor Augen, fast schicksalhaft zutage tretend im Monat Juni des Jahres 1812. - :
Auf befehlende Anordnung von Monsieur Napoleon, hatte ich eiligst den Entwurf der drei Brücken gezeichnet, mit deren Installation ER dann seine Truppen über den Grenzfluß Njemen gegen das zaristische Rußland stürmen lassen wollte. - Napoleon war jedoch sichtbar entsetzt, über die seiner Meinung nach "stümperhaften Faustskizzen" - und hat dann stockwütend veranlaßt, daß ich sofort als ein einfacher Soldat in die Grande Armée zu versetzen sei! -
Auf recht segensreichen Wegen, war dann der abstrafende Gestellungsbefehl des Monsieur Bonaparte bis hin nach St. Petersburg durchgedrungen. 
Und dank einer schriftlich zum Ausdruck gegebenen Intervention des Dichter-Kollegen Nikolai Michailowitsch Karamsin, schnellstens übermittelt an den Karamsin-Bewunderer Napoleon Bonaparte (sie hatten sich 179o in Paris kennengelernt), konnte ich dem Gestellungsbefehl damals doch noch entfleuchen ...
Geschichtlich hat es sich hernach dann ja offenbart, daß Monsieur Napoleon als der "ewige Sieger" endgültig entzaubert und seine bis dahin bestehende Aura nun für immer passé, so unwiederbringlich erloschen war ... 
Sic transit gloria mundi. -
Nun ja, ein alptraumartiges Geschehen -
Und schweißgebadet schwankend, bin ich hernach aus meinem einsam gelegenen Landhaus gestürmt, um mich (als eine Art Rekonvaleszenz) dann Hals über Kopf in den nahegelegenen Fluß zu stürzen.
Wieder aufgetaucht allerdings - "mit der derzeitigen Gegenwart vor Augen" ...
-
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Freitag, 13. November 2020

NAPOLEON - und die "gehorsamen" Frauen:

Zutreffend ist's: In Frankreich wird er noch immer verehrt, der am 15. August 1769 in der Ortschaft Ajaccio, auf der Insel Korsika einstmals geborene Napoleon Bonaparte.
1804 zum Kaiser gekrönt - und als solcher 10 Jahre lang absolutistisch Regierungsgewalt verfestigend.
Bis anno 1813, als nach der Völkerschlacht bei Leipzig jedoch 1814 ein bis dato ja unermüdliches Bestreben nach der Alleinherrschaft unrühmlich zum Stillstand gekommen war. 
Anhaltend erinnerlich an Monsieur ist das in Frankreich noch immer gültige Gesetzbuch. Juristisch benannt als "Code Civil des Francais" oder auch kurzum "Code Napoleon" ...
Ein Erlaß, in welchem seinerzeit (unter anderem) gesetzgebend folgendes vermerkt worden ist: 
Die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. / Die Trennung von Kirche und Staat. / - und dem damaligen Zeitgepräge entsprechend: Die Frau schuldet ihrem Mann Gehorsam.
Letzteres hatte uns mißbilligend motiviert, als wir - Freund Jacques Brel und ich - Anfang Mai 1975 nachmittags im Café  Le Deux Magots saßen - und über die sich am 5. Mai, dem Todestag des streitbaren Herrschers, erneut schwärmerisch und hurrapatriotisch, beinahe geisterhaft Schatten vorauswerfenden Entfaltungen debattierten. - Eingedenk dessen, sollte nun diesbezüglich spottlüstern einiges Einspruch erhebend zur Sprache gebracht werden. Oui, über eine unbestrittene Größe, die schlußendlich zur Hybris entartet, wie es schon ehedem, vor unserer Planung, von einem bekannten Geschichtswissenschaftler so überdeutlich zum Ausdruck geraten war.
Und beabsichtigt war's ja von uns, diese spöttelnden Zeilen in dem damals noch publizierenden Wochenmagazin Hara-Kiri zu veröffentlichen. 
(Die Zeitschrift ist später, ab 1992 als Charlie Hebdo bekannt geworden). -
Par bleu! Die geisterhaften Napoleonischen-Schatten ...
"Sünden und böse Geister scheuen an sich ja das Licht!" brachte sich Jacques, anspruchsvoll Schiller aus "Kabale und Liebe" zitierend, grüblerisch ein.
"Oui, es geht wieder einmal geisterhaft zu, doch jeder Augenblick des Lebens will uns wohl doch etwas sagen, hat ja Nietzsche schon dereinst geistreich aufhorchen lassen", fügte ich grinsend hinzu.   
"Genau! Das ist der springende Punkt, das Non plus ultra: Ein Geist, die Bezeichnung für etwas zunächst Unfaßbares. - Zuweilen eine den Menschen jedoch durchaus ergreifende Spukgestalt! - Wie es ja einstmals so zügellos geschehen, vor fast 200 Jahren", gab daraufhin Jacques einen Geistesblitz zur Veranschaulichung faustisch grinsend zum Ausdruck.
Mon dieu ...
So ist - unter anderem - etwas abwegig überhandnehmend, vor Jahr und Tag das nachfolgende Elaborat derart anrüchig zu Papier gebracht worden. Und hoffnungsvoll, sahen wir uns damals schon im Olymp der "monstres sacrés", diesen "heiligen Monstern französischer Kultur" willkommen geheißen! -
Oui, und das nun "infolgedessen":
-
Nach jener Schmach von Waterloo, verzog Er sich nach Fontainebleau.
Ins Landschloß, um zu hinterfragen: wieso sein Feldzug fehlgeschlagen?
Und dort, in dieser Abseitsklause, in der Napoleon oft zu Hause,
verspürt Monsieur de Bonaparte, daß ihn, in die erlauchte Schwarte,
ein Nachtgespenst, genannt auch Geist, nächtens ins Gemächte beißt!
Der Kaiser, wohl zutiefst erschrocken, 
macht sich dann eiligst auf die Socken.
Mit kaum noch hoheitsvoller Miene, raus auf den Hof, hin zur Latrine.
Nachdem er dort die Tür verriegelt, hat er sich sofort, ungezügelt,
von Kopf bis Fuß, ganz ungeniert, mit den Fäkalien eingeschmiert.
Was Majestät damit bezweckt?
Sie hofft, daß dies den Geist abschreckt ...
Und so, mit diesem Schmutz besudelt, ist er ins Haus zurückgetrudelt.
Gezielt in Richtung Kemenate, wo die Mätresse seiner harrte.
Hüpft ungeniert auf die Matratze, umklammert wild die Schmusekatze. -
Bevor es zur Vereinigung kommt, erstarrt sie - widersetzt sich prompt:
„So wahr ich Georgina * heiße, Ihr Aussehen heut’ ist wirklich Scheiße!"
-
(gemeint ist die französische Schauspielerin Marguerite Joséphine George
genannt: "Georgina", eine der vielen Geliebten des Napoleon Bonaparte.)
-
Eh bien ...
"Très cést fâcheux" (Sehr ärgerlich), das wird aus der großen Gemeinde der Napoleon-Sympathisanten wohl demnächst zu hören sein. 
"Oui, je le regrette beaucoup" (Ja, ich bedauere es sehr), das "könnte" ich ja jetzt schuld-bewußt darauf antworten. -
"Nein, das eigentlich "nicht", denn DER war Zeit seines Lebens wohl niemals als "schuld-bewußt zugegen" - wie mir Jacques "abwinkend" zu verstehen gab. -
Ein Nachtrag:
Schon zwei Jahre danach, hat Jacques dann leider "sein Hiersein" beenden müssen. -
                                                            -
                                                          ***